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Schmerzhafte Entzündung Finger weg von Furunkeln

Wenn sich unter der Haut ein großer, schmerzhafter Abszess bildet, ist der erste Impuls, daran herumzudrücken. Bei Furunkeln ist das jedoch eine schlechte Idee, im schlimmsten Fall droht eine Blutvergiftung.
Schmerzhafte Abszesse: Furunkel soll man nicht selbst ausdrücken

Schmerzhafte Abszesse: Furunkel soll man nicht selbst ausdrücken

Foto: Corbis

Pickel sind unangenehm. Furunkel sind schlimmer. Ein bis zwei Zentimeter groß werden die roten, eitrigen Knoten. Sie entstehen, wenn sich durch Bakterien ein Haarbalg und die umgebende Haut entzündet. Am häufigsten passiert das im Nacken, im Gesicht, in den Achselhöhlen, am After, im Schambereich oder am Gesäß. Ein fittes Immunsystem verhindert solche Entzündungen normalerweise, ist es geschwächt, steigt das Risiko für Furunkel.

"Hinter einer Abwehrschwäche können ein schlecht eingestellter Typ-2-Diabetes und Hauterkrankungen wie etwa Neurodermitis stecken", sagt Dermatologe Thomas Volz von der TU München. Werde das Immunsystem nach einer Transplantation oder durch eine HIV-Infektion unterdrückt, könne das ebenfalls die Entstehung von Furunkeln begünstigen.

Weitere Risikofaktoren: Scheuernde Kleidung und unzureichende Körperhygiene. Vorbeugend wirkt, die Haut nach dem Rasieren zu desinfizieren.

Zumeist treten Furunkel einzeln auf. Es kommt jedoch vor, dass mehrere sich direkt nebeneinander bilden und miteinander verschmelzen. Diese großflächige Entzündung nennt man Karbunkel.

Furunkel sind spezielle Abszesse, die sie sich nur am Haarbalg bilden. Abszess ist die allgemeine Bezeichnung für abgekapselte Eiteransammlungen die auf der Haut, aber auch an inneren Organen und sogar im Gehirn auftreten können.

Gefahr einer Blutvergiftung

Wenn sich ein Furunkel bildet, sieht man am Anfang nur einen tiefsitzenden Knoten. "In der Mitte des Furunkels stirbt Gewebe ab, so dass sich der Eiter dort konzentriert und eine Pustel sichtbar wird", sagt Volz. Der Anblick verführt dazu, sie wie einen Pickel auszudrücken. Doch Volz bezeichnet das als das Unvernünftigste, was man tun kann. Denn so werden die Bakterien auf der Haut, den Fingern und im Gewebe verteilt, sodass sich andernorts ganz schnell neue Furunkel bilden können. Man solle gar nicht an Furunkeln herumdrücken. Ist ein Furunkel noch unreif, bestehe die Gefahr, dass die Bakterien in die Blutbahn gelangen.

"Dann kann es zur Blutvergiftung beziehungsweise Sepsis kommen", sagt Volz. Um diese gefährliche Komplikation zu vermeiden, verschreiben Ärzte zum Teil Antibiotika.

"Insbesondere Furunkel im Gesicht oberhalb der Oberlippe sind gefährlich. Bakterien können leicht mit dem Blut ins Gehirn gelangen und dort eine Hirnhautentzündung verursachen", sagt der Dermatologe. Bei einem Furunkel im Gesicht würde ein Antibiotikum sogar intravenös verabreicht, weil es so in größerer Menge in die entscheidenden Regionen gelange. Bei Knoten an unkritischeren Stellen könne man es mit desinfizierenden Cremes und Antibiotika-Tabletten probieren.

"Sobald der Furunkel reif ist, öffnen wir ihn, sodass der Eiter herausfließen kann. Dabei ist es wichtig, sehr auf die Hygiene zu achten." Anders formuliert: Der Hautarzt schneidet die entzündete Stelle auf.

Lässt sich der Reifungsprozess mit Zugsalbe beschleunigen, die die Durchblutung anregt? "Da gehen die ärztlichen Meinungen auseinander. Es gibt genauso viele Befürworter wie Gegner", sagt Volz. Er gehöre zu Letzteren.

Auch nach Eröffnen des Furunkels ist Hygiene ein wichtiges Thema. Sie können nämlich erneut auftreten. Mediziner sprechen dann von einer Furunkulose. "Treten Furunkel immer wieder auf, bedeutet das, dass die Bakteriendichte sehr hoch ist und eine gravierende Abwehrschwäche vorliegt, deren Ursache unbedingt abgeklärt werden sollte", sagt Volz. Es sei ein langwieriger Prozess, weil immer wieder Bakterien verteilt werden können. Furunkel entstünden oft infolge einer Schmierinfektion. "Zugleich müssen alle begleitenden Faktoren wie etwa ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus beseitigt werden."

Akne inversa oder Abszess?

"Durch Staphylokokken verursachte Abszesse werden leider mitunter mit der chronischen Hauterkrankung Akne inversa verwechselt", sagt Dermatologe Thomas Volz.Bei Akne inversa kommt es zu Entzündungen im Bereich der Haarfollikel und der Schweißdrüsen der Scham- und Achselhaare. Die knotigen Gebilde bilden sich daher insbesondere in der Achselhöhle und Leistengegend. Eiteransammlungen und starke Schmerzen treten auf, weshalb eine Verwechslung mit einem Abszess möglich ist.Welche Ursachen die eher seltene Akne-Form hat, ist noch nicht ganz klar. Bakterien sind auch hier im Spiel.Im frühen Anfangsstadium kann Akne inversa mit Antibiotika und desinfizierenden Waschungen behandelt werden, im späteren Stadium werden die Entzündungen großflächig herausgeschnitten. "Je früher man richtig handelt und behandelt, desto kürzer ist die Leidensgeschichte der Betroffenen", so Volz. Unbehandelt breitet sich die Akne inversa immer weiter aus und nimmt einen chronischen Verlauf.

Zur Autorin

Gerlinde Gukelberger-Felix ist Diplom-Physikerin und studierte eine Zeit lang Medizin, bis sie sich ganz dem Journalismus verschrieb. Besonders interessant findet sie alle Überschneidungen zwischen Medizin, Physik, Biologie und Psychologie. Sie arbeitet als freie Medizin- und Wissenschaftsjournalistin.