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Serbien: Geschichte, Politik, Bevölkerung und Geografie

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Blick auf Belgrad
Blick auf Belgrad © Pablo Camacho / IMAGO

Serbien liegt im Herzen des Balkangebiets. Das Land machte einst den größten Teil des ehemaligen Jugoslawiens aus. Bis heute sind die Auswirkungen des Milošević-Regimes landesweit spürbar. Vor allem die Kosovo-Frage bereitet immer noch Probleme.

Belgrad – Mit einer Fläche von über 88.000 Quadratkilometern bildete Serbien einst der größte Staat im ehemaligen Jugoslawien. Das Land blickt gerade im 20. Jahrhundert auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Vor allem das Regime von Machthaber Slobodan Milošević brachte den Staat politisch wie wirtschaftlich an seine Grenzen. Obwohl sich Serbien inzwischen den freien Märkten geöffnet hat, schreitet die Entwicklung des Landes nur langsam voran.

Serbien: Antike, Mittelalter und Osmanisches Reich

Serbien blickt in den letzten 2000 Jahren auf eine Vielzahl an wechselnden Herrschern und Reichen zurück. Bereits in der Antike war das Gebiet Teil des Römischen Reiches. Später wurde es in das Byzantinische Reich eingegliedert. In jener Zeit siedelten sich slawische Stämme im Land an, aus denen sich im Mittelalter zwei serbische Fürstentümer entwickelten. Diese bauten ihre Macht weiter aus und entwickelten eine eigene Kultur, bei der auch die serbisch-orthodoxe Kirche eine große Rolle spielte.

Ab Ende des 14. Jahrhundert kam es zur Kehrtwende des aus zwei Königreichen bestehenden Serbischen Reiches, als die Osmanen sich nach Westen ausbreiteten. Serbien musste sich geschlagen geben. Es wurde 1459 als Provinz an das Osmanische Reich angeschlossen, dem es bis 1804 angehörte.

Serbien: Unabhängigkeit, Königreich und Balkankriege

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die Unabhängigkeitsbewegungen im Land von Russland, das gegen das Osmanische Reich kämpfte, unterstützt. Mit Erfolg. So entstand 1817 das Fürstentum Serbien. 50 Jahre später wurde dem Gebiet unter Fürst Mihailo Obrenović die Selbstverwaltung übereignet. Auf dem Berliner Kongress wurde das Land 1878 schließlich für unabhängig erklärt. Vier Jahre später wurde Serbien zum Königreich ausgerufen.

1912 kam es zum Ersten Balkankrieg, in welchem Serbien mit Hilfe des Balkan-Bundes (Bulgarien, Montenegro, Griechenland, Russland) die Osmanische Vorherrschaft zerschlagen konnte. Im Zweiten Balkankrieg 1913 kämpften die Balkanstaaten jedoch unter- und gegeneinander. Vor allem Bulgarien und Mazedonien mussten einige Gebiete abtreten. Die Spannungen der Balkanländer setzten sich fort. So sorgte auch das von serbischen Terroristen verübte Attentat auf den österreichischen Kronprinzen Franz Ferdinand in Sarajevo für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs.

Serbien: Jugoslawischer Staat, Milošević-Regime und Kosovo-Krieg

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Balkanländer immer wieder unter verschiedenen Zusammenschlüssen und Reichen neu sortiert. 1918 wurde das Vereinigte Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen errichtet, das später unter dem Namen Königreich Jugoslawien in einer Diktatur mündete. Während des Zweiten Weltkrieges gelang es dem Land mit Hilfe der Sowjetunion die einmarschierten Nationalsozialisten zurückzudrängen. 1945 wurde die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien ausgerufen, die bis 1992 bestand.

Der neue Staat entwickelte sich zu einer Einparteien-Diktatur und erhielt zusätzlich die autonomen Gebiete Kosovo und Vojvodina. Dennoch verfolgte das neue Regime, sich von der Sowjetunion unabhängig zu machen. Nach einigen Liberalisierungs- und Unabhängigkeitsbestrebungen verschärfte sich der Ton allerdings wieder, als 1987 Slobodan Milošević an die Macht kam. Es setzten unter seiner Führung ab 1991 die Jugoslawienkriege ein, in denen auch „ethnische Säuberungen“ durchgeführt wurden.

1992 wurde die Bundesrepublik Jugoslawien – bestehend aus den Staaten Montenegro und Serbien – ausgerufen. Diese existierte bis 2003. Auf Druck der UN musste Milošević seine Abschottungsstrategien aufgeben. Das Kosovo-Gebiet, in welchem vor allem Muslime von der serbischen Regierung unterdrückt wurden, geriet zunehmend in den Fokus. 1999 startete die NATO schließlich einen Luftangriff auf Serbien, sodass sich Machthaber Milošević geschlagen geben musste und der Kosovo ein UN-Protektorat wurde. Nachdem das Milošević-Regime beendet worden war, wurde das einstige Jugoslawien in „Serbien und Montenegro“ umbenannt. 2006 trat Montenegro aus dem Staatenbund aus, sodass Serbien automatisch seine Unabhängigkeit erhielt.

Serbien: Das politische System

Serbien besitzt der Verfassung von 2006 nach ein parlamentarisches Regierungssystem. Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der alle fünf Jahre direkt vom Volk gewählt wird und auch wiedergewählt werden darf. Die Exekutive wird vom Ministerpräsidenten ausgeführt, die Legislative wird von der Volksversammlung (einem Einkammerparlament) ausgeübt. Diese besteht aus 250 Abgeordneten aus den verschiedenen serbischen Parteien, die entweder die Regierungskoalition oder die Opposition bilden.

Die Verfassung gewährt außerdem den Regionen Vojvodina (im Norden) sowie Kosovo und Metochien (im Süden) eine politische Selbständigkeit sowie ihre Autonomie als Provinzen Serbiens. Seit 1999 untersteht der Kosovo nach wie vor der UN-Verwaltung, sodass der völkerrechtliche Status nach der Unabhängigkeitserklärung vom 17. Februar 2008 immer noch als umstritten gilt.

Serbien: Fakten im Überblick

Serbien: Sprachen und Bevölkerung

Etwa 80 Prozent der rund 6,9 Millionen Einwohner sind Serben. Die restliche Bevölkerung teilt sich weitgehend auf Ungarn, Roma und Bosniaken auf. Aber es gibt auch noch kleinere Gruppen an Albanern, Goranen, Bulgaren, Türken, Kroaten und Slowaken. Zu den Roma Serbiens zählen nach offizieller Statistik etwa 148.000 Menschen. Allerdings geht man davon aus, dass die Zahl weit höher liegt und sich etwa auf eine halbe Million beläuft.

Aufgrund der vielen Ethnien im Land gilt Serbien auch als Vielvölkerstaat. Dies macht sich auch in sprachlicher Hinsicht bemerkbar. Obwohl Serbisch bzw. Serbokroatisch fast im ganzen Land gesprochen wird und offizielle Amtssprache ist, sind auch noch Ungarisch, Kroatisch, Russinisch, Slowakisch und Rumänisch als Amtssprachen anerkannt. In Teilen Südserbiens sowie im Kosovo wird auch noch Albanisch gesprochen, da hier auch mehrheitlich Albaner wohnen. Geschrieben wird landesweit in kyrillischer Schrift.

Serbien: Geografie und Städte

Serbien liegt im Zentrum der Balkanhalbinsel und grenzt an die Nachbarländer Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Nordmazedonien, Montenegro, Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Albanien (bzw. dem Kosovo). Das Land besitzt also keinen Zugang zum Meer, liegt aber in weiten Teilen im Einzugsgebiet der Donau. Während im Norden Tiefebenen dominieren, wird das Land nach Süden hin immer gebirgiger.

Nach dem Zweiten Weltkrieg sorgte eine Landflucht für eine rasche Urbanisierung im Land. Trotz starker Modernisierung konnten einige Orte noch ihren orientalischen Charakter aus der Osmanischen Vorherrschaft bewahren. Inzwischen lebt weit über die Hälfte der Bevölkerung in Städten. Vor allem die Metropole Belgrad ist das Zentrum des administrativen wie kulturellen Lebens des Landes. Im Kosovo nimmt Priština eine zentrale Rolle ein.

Die größten Städte Serbiens im Überblick

Serbien: Wissenswertes zum Land

Da Serbien während des Milošević-Regimes stark von der Außenwelt abgeschottet war und auch aufgrund der Kosovo-Krise mit Herausforderung zu kämpfen hatte, konnte sich das Land wirtschaftlich nicht wirklich stabilisieren. Der Großteil der Bevölkerung arbeitet in der Landwirtschaft. Vor allem Pflaumen und Himbeeren gelten als wichtige Exportgüter. In der Industrie schreitet die Modernisierung nur langsam voran. Bodenschätze wie Kohle und Kupfer decken gerade mal den Eigenbedarf ab.

Ein großer Hoffnungsträger ist der Tourismus. Neben vielen Kurorten ziehen Städte wie Belgrad oder Novi Sad immer mehr Besucher an. Eines der beliebtesten Sehenswürdigkeiten ist das sogenannte „Eiserne Tor“ – ein Durchbruchstal an der Donau. Aber auch die Nationalparks des Landes sind wahre Aushängeschilder für den hoch angesetzten Naturschutz Serbiens. Einige von ihnen beheimaten Braunbären, Schakale und Luchse. Aber auch Botaniker und Pflanzenliebhaber kommen hier voll auf ihre Kosten. Ebenso ist die Kultur des Landes ist Vielfältig aufgestellt. Einige Klosteranlagen stehen auf der UNESCO-Welterbeliste und beherbergen wahre Schätze an Malerei, Architektur und Kunst.

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