Raritäten & Neuimporte im Fokus 430

Raritäten & Neuimporte im Fokus 430

Lerne neue Arten kennen oder entdecke alte Arten neu: In der Aquaristik gibt es immer wieder Tierrarten zu erkunden. Viele sind wunderschön, unbekannt und nur selten im Handel zu finden. Mit Unterstützung der Zierfischgroßhändler aus der Fachgruppe des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) stellen wir dir jede Woche vier Arten vor. Darunter findest du auch viele Nachzuchten und ihre verschiedene Zuchtformen.

Raritäten Vol. 430

Gastromyzon „punctulatus“
1961 erschien eine Übersichts-Arbeit über die Flossensauger der Gattung Gastromyzon von Borneo. Darin wurden fünf Arten unterschieden: G. pauciradiatus, G. nieuwenhuisii, G. fasciatus, G. punctulatus und G. borneensis. 2006 erschien die nächste Revision dieser Fische von Borneo. Damit ging eine wahre Artenexplosion einher, allein in Gastromyzon sind heute 36 Arten von Borneo bekannt! Von den ursprünglich fünf Arten stehen zwei heute in Neogastromyzon (nieuwenhuisii und pauciradiatus), so dass nicht weniger als 33 Arten, die bei früheren Importen 3 Arten zugeordnet wurden, nun neu bestimmt werden müssen! Das ist allerdings gar nicht so einfach, wie man sich denken kann, denn viele Artmerkmale sind nur an speziell präparierten Exemplaren erkennbar und auch dann bedarf es großer Erfahrung, um nicht irre zu gehen. Es werden immer wieder zwei punktierte Arten im Zierfischhandel angeboten, die sich extrem ähnlich sehen: Gastromyzon ctenocephalus und G. scitulus. Da früher nur eine punktierte Art bekannt war, nämlich G. punctulatus, wurden die beiden schon jahrzehntelang als G. punctulatus bezeichnet. In Wirklichkeit hat aber G. punctulatus „Oberkopf und Wirbelsäulenbereich mit kleinen, runden, hellen Flecken in einem dunklen Netzwerk“ (Inger & Chin, 1961) und wird wohl nur ganz ausnahmsweise – wenn überhaupt – importiert, die beiden Arten G. ctenocephalus und G. sciltulus haben aber helle Flecken auf flächig dunklem Untergrund. Stimmungsbedingt kann die Grundfarbe zwischen hellbraun und tiefschwarz schwanken. Man kann diese beiden Arten angeblich unterscheiden, wenn sie die Flossen spreizen. Dann sieht man, dass C. ctenocephalus in der Schwanzflosse waagerechte blaue Streifen und in der Rückenflosse blaugrün glänzende Flecken hat; bei G. sciltulus sind in der Schwanzflosse blaugrün glänzende Flecken, in der Rückenflosse keine farblich auffällige Zeichnung. Leider spreizen die Tiere aber ihre Flossen nicht auf Zuruf und außerdem gibt es reichlich Zwischenformen, selbst innerhalb eines einzigen Imports. Die in diesem Post abgebildeten Tiere entsprechen am besten G. ctenocephalus. Weil ganz häufig ohnehin ein Mix von bis zu fünf Flossensauger-Arten zu uns kommt – werden diese Tiere im Handel einfach weiterhin als Gastromyzon punctulatus angeboten. Das ist nicht weiter schlimm, wenn es nicht um spezielle wissenschaftliche Fragestellungen geht, denn bezüglich der Pflegeansprüche gleichen sich alle Gastromyzon-Arten. Sie wollen sehr sauberes, möglichst stark strömendes Wasser in einem Temperaturbereich von 22-28°C, wobei mittlere Werte zu bevorzugen sind. In der Natur ist das Wasser sehr weich und oft auch sauer, im Aquarium brauchen sie das nicht unbedingt. Während der Eingewöhnung kann es aber sinnvoll sein, sich den natürlichen Wasserwerten anzunähern. Gastromyzon haben eine hornige Lippenleiste, mit der sie Aufwuchs von Steinen und Wurzeln abschaben können. Es geht ihnen dabei aber weniger um Algen als um Mikrolebenwesen. Man kann diese Fische sehr gut mit allen möglichen Futtersorten ernähren, kleine Frostfutter-Sorten bekommen ihnen am besten. Untereinander sind diese Fische verträglich, Rangeleien verlaufen immer harmlos. Andere Arten interessieren sie nicht. Männchen unterscheiden sich von den (größeren) Weibchen durch eine große Drüsen-Schuppe am Ansatz der Bauchflosse. Abgelaicht wird – soweit bekannt – über grobem Kies, der Laich entwickelt sich im Lückensystem zwischen den Kieselsteinchen. Brutpflege betreiben Gastromyzon-Arten nicht.

Hemigrammus luelingi

Schlusslichtsalmler wurden bereits 1910 nach Deutsch­­land eingeführt und auch bald darauf nachgezüchtet. Sie gehörten schon bald zum eisernen Bestand der Zierfische. Seither gibt es praktisch keine Wildfangimporte mehr. Nun hat Aquarium Glaser aus Peru Schlusslichtsalmler erhalten, die sie zunächst irrtümlich als wilde Hemigrammus ocellifer bestimmten. Der Salmlerspezialist Flávio Lima wies sie darauf hin, dass es sich tatsächlich aber um H. luelingi handelt! Er schrieb: „Es handelt sich nicht um Hemigrammus ocellifer, sondern um Hemigrammus luelingi, eine verwandte Art. Bei Hemigrammus ocellifer ist der vordere Humeralfleck nicht abgerundet wie bei diesem Fisch, sondern vertikal verlängert und stärker verblasst. Außerdem ist er ein relativ gedrungener Fisch. Hemigrammus ocellifer ist tatsächlich viel häufiger und weiter verbreitet als H. luelingi, der im westlichen Amazonasbecken, insbesondere in Peru und Kolumbien, häufig vorkommt, aber nicht anderswo.“ Herzlichen Dank an Flávio auch noch einmal an dieser Stelle! Salmlerliebhaber sollten unbedingt auf die Unterschiede achten, damit sie nich versehentlich unerwünschte Hybriden produzieren (falls sich die beiden Arten verpaaren). Es ist erfreulich, dass nun eine weitere, hübsche Salmlerart im Hobby zur Verfügung steht. Besonders hübsch wirken die Tiere in Aquarien mit dunklem Bodengrund, dann scheinen die Leuchtflecken an Schulter und Schwanz und die Augen förmlich zu glühen.

Corydoras sp. CW 89/CW 106

Der Rio Vaupés – so die spanische Schreibweise – oder Rio Uaupes – das ist die portugiesische – ist ein „kleiner“ rechtsseitiger Nebenfluss des Rio Negro. Immerhin hat der „Kleine“ eine Länge von 1.375 km! Er entspringt in Kolumbien im Vorland der Anden und bildet in etwa 150 km Entfernung stromabwärts von Mitú aus gesehen die Staatsgrenze zum brasilianischen Bundesstaat Amazonas, wo er ca. 40 km südlich von Icana in den Rio Negro mündet. Aquaristisch ist schon lange bekannt, dass im Rio Vaupes viele Besonderheiten vorkommen. Unter ihnen sind auch vier Panzerwelse, die allerdings erst in den letzten Jahren bekannt wurden: CW89 (Langschnäuzer, schmale Rückenbinde), CW91 (Rundschnäuzer zu CW 89), CW106 (Langschnäuzer, breitere Rückenbinde und kürzere Schnauze als CW89), CW107 (Rundschnäuzer, breitere Rückenbinde als CW91). Gefunden werden sie in Kolumbien, ca. 40 km östlich von Mitú, so jedenfalls die Aussage der Exporteure. Leider sind die genannten Unterscheidungs-Merkmale nicht so wirklich konstant. Je mehr Tiere man zu Gesicht bekommt, desto mehr Zwischenformen werden erkennbar, so wie man das ja auch von anderen Rio-Negro-Corydoras kennt. Vor allem die Breite der Rückenbinde variiert enorm. Darum unterscheiden wir im Handel nicht zwischen CW89 und CW106. Die Tiere auf den Fotos haben eine sehr breite Rückenbinde, was deutlich mehr dem CW 106 entspricht. Interessant ist auch der Sexualdimorphismus, das Weibchen ist nur undeutlich als Langschnäuzer erkennbar.


Nematobrycon palmeri WILD

Der Kaisertetra (Nematobrycon palmeri) gehört wegen seiner Schönheit und seines interessanten Verhaltens seit Jahrzehnten zu den beliebtesten Salmlerarten überhaupt und steht ganzjährig als Nachzucht zur Verfügung. Wildfänge sind hingegen nur zeitlich begrenzt und saisonal erhältlich. Glaser hat jetzt wieder einmal eine schöne Sendung dieser Tiere aus Kolumbien erhalten. Wie bei den meisten Salmlern unterscheiden sich Wildfänge von Nachzuchten in erster Linie dadurch, dass Wildfänge im Vergleich zu Nachzuchttieren wesentlich kleiner und graziler sind, was daran liegt, dass das Futterangebot in der Natur bei weitem nicht so üppig ist wie im Aquarium. Die fotografierten Tiere sind sexuell voll ausdifferenziert (d.h. die Männchen haben die dreizipfelige Schwanzflosse und beide Geschlechter sind ablaichfähig) und dennoch sind sie erst 2-3 cm lang! Bezüglich der Farbenpracht unterscheiden sich Nachzuchten und Wildfänge nicht: beide sind wunderschön!

Quelle: Frank Schäfer – Aquarium Glaser GmbH

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